Stellungnahme zum Hochschulzukunftsgesetz
Die folgende Stellungnahme wurde gestern durch die LHG-Fraktion ins StuPa eingebracht, das über eine Stellungnahme der Münsteraner Studierendenschaft zum geplanten Hochschulzukunftsgesetz der rot-grünen Landesregierung zu beraten hatte.
Unter Ablehnung durch die Juso-HSG, Campus Grün und die Linke.SDS sowie einen Ablehnungs-Enthaltungs-Mix der RCDS-Fraktion hat man sich mehrheitlich gegen unseren Antrag ausgesprochen. Stattdessen wurde eine schwammige, unausgegorene, dem Hochschulzukunftsgesetz größtenteils wohlwollend gegenüberstehende Stellungnahme verabschiedet, die jedoch bei der Schlussabstimmung nicht mal mehr die Zustimmung des ursprünglichen Antragstellers, der Juso-HSG, gefunden hat. Während man sich die offizielle Stellungnahme wohl demnächst in einer AStA-Pressemitteilung zu Gemüte führen darf, wollen wir Euch unseren Antragstext, der examplarisch einige besonders verfehlte Punkte herausgreift, nicht vorenthalten:
Das Studentenparlament der Universität Münster kritisiert das von der rot-grünen Landesregierung geplante „Hochschulzukunftsgesetz“ aufs Schärfste und schließt sich der Lobhudelei hochschulpolitischer Studentengremien anderer Universitäten im Land Nordrhein-Westfalen ausdrücklich nicht an.
Folgende Punkte werden besonders kritisiert:
1. Drittmitteltransparenz
Die im Referentenentwurf vorgesehene absolute Drittmitteltransparenz, also das Publikmachen des „Wer finanziert wie viel wofür an wen“, lehnen wir strikt ab. Transparenz muss immer oberstes Ziel in allen Haushaltsfragen sein, diese drastische Offenlegung wird jedoch dem universitären Leben nicht nützen, sondern ihm nachhaltig schaden. Forschungsaufträge von Seiten der Unternehmen, die einen großen Teil unserer Gesellschaft ausmachen, dürfen nicht verteufelt werden. Drittmittelfinanzierte Forschung führt zu einer Win-Win-Situation für Forscher und Unternehmen gleichermaßen: der Forscher erhält Einblick in Firmeninterna, was die Qualität seiner Forschung massiv erhöhen kann, er ist finanziell abgesichert und kann sich auf seine Forschung konzentrieren. Ein Unternehmen kann so nicht nur um Forscher werben und diese langfristig binden, sondern erlangt durch die Forschung wichtige Erkenntnisse, die es im Innovationsprozess einsetzen kann – und Innovationen, vor Allem im naturwissenschaftlichen Bereich, sind es, die die starke wirtschaftliche Position Deutschlands, von der wir alle profitieren, ausmachen!
Die geplante Drittmitteltransparenz der rot-grünen Landesregierung würde bedeuten, dass für Jedermann (und somit auch für die Konkurrenz) sichtbar wäre, dass das Unternehmen W dem Forscher X einen Betrag Y für den Forschungsauftrag Z gezahlt hätte – dies bedeutet einen herben Wettbewerbsnachteil und die Möglichkeit für die Konkurrenz, von dieser Information zu profitieren. Die Konsequenz wäre das Abwandern der drittmittelfinanzierten Forschung in andere (Bundes-)Länder, was ein tiefes Loch in den universitären Haushalt schlagen würde. Die Universität darf nicht zu einem Elfenbeinturm inmitten eines Waldes voll gutmenschlicher Symbolpolitik verkommen. Unternehmen sind nicht der verlängerte Arm des Teufels sondern Teil unserer Gesellschaft. Sie bringen Menschen in Lohn und Brot und verbessern durch Innovationen das Leben aller Bürger – lasst sie uns auch so behandeln.
2. Kaskadenmodell
Wir lehnen das im Referentenentwurf vorgesehene Kaskadenmodell zur
vermeintlichen „Frauenförderung“ ab. Sowohl für den Arbeitsmarkt als auch für universitäre Gremien oder Professuren muss gelten: nicht das Geschlecht, sondern Kompetenz und Qualifikation sind relevant, wenn es um die Besetzung einer vakanten Stelle geht.
Eine etwaige Unterrepräsentation von Frauen in gewissen Fachbereichen korreliert häufig mit einem allgemein niedrigen Anteil weiblicher Studenten in diesen Fachbereichen. Eine Regelung durch die Politik ist daher abzulehnen. Die endlose Debatte über die angebliche Diskriminierung der Frau im 21. Jahrhundert schadet der Stellung der Frau mehr, als dass sie ihr nützt.
Die Frauenquote bzw. das Kaskadenmodell schafft keine Gerechtigkeit sondern manifestiert in den Köpfen der Frauen Minderwertigkeitskomplexe, wo ohne die Politik gar keine wären, indem sie von Seiten der Regierung zu einer unterstützungsbedürftigen, diskriminierten Randgruppe degradiert werden.
Wir sind überzeugt: das Erlangen einer Stelle oder eines Postens aufgrund von Qualifikation und Kompetenz schafft ein harmonisches Klima im universitären Alltag – ein Kaskadenmodell als Vorstufe zur Frauenquote würde Gegenteiliges bewirken.
3. Finanzierung der Hochschulen
Der Referentenentwurf der Landesregierung beschneidet die Freiheit der Wissenschaft, die in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes garantiert wird. Vor Allem die Neustrukturierung der universitären Finanzierung hin zu einer zweckgebundenen und jedes Mal neu zustimmungsbedürftigen Budgetpolitik seitens der Landesregierung schafft ein Klima des Misstrauens zwischen Politik und Hochschulen, das es so noch nicht gegeben hat und von dem die Universitäten profitieren, die der Landesregierung hörig sind. Parteienpolitische Fluktuation im Land steht der Kontinuität wissenschaftlicher Arbeit diametral gegenüber. Die Universitäten wissen besser, wofür und in welchem Umfang sie ihr Budget ausgeben sollten. Nur sie bekommen das direkte Feedback der Studenten, Absolventen und Arbeitgeber und wissen, wie sie sich ausrichten müssen, um den Anforderungen, die die Gesellschaft an sie stellt, gerecht zu werden.
Nicht nur aufgrund dieser Punkte lehnen wir als Studentenparlament der Universität Münster das geplante und sogenannte „Hochschulzukunftsgesetz“ der Landesregierung ab. Entgegen seiner Bezeichnung schafft, verbessert oder modifiziert das Gesetz die Zukunft der Hochschulen nicht, sondern zerstört sie. Es schafft ein Klima des Misstrauens, spricht Forschern ihre Mündigkeit ab und schafft der Landesregierung Kompetenzen, die sie in einem Staat mit garantierter wissenschaftlicher Freiheit nicht besitzen darf. Wir appellieren daher an die Landesregierung, von diesem Gesetz Abstand zu nehmen und es nicht im Landtag zur Abstimmung zu stellen.